"CSU Hebel"

Betrachtet man die Zahl der zum Ausgleich eines Überhangmandats nötigen Zusatzsitze, so fällt auf, dass diese für Überhangparteien mit wenigen Zweitstimmen größer ist als für eine Überhangpartei mit vielen Zweitstimmen.

Bei der Bundestagswahl 2009 fielen bei der CSU erstmals Überhangmandate an, ihr Zweitstimmenergebnis in Höhe von 6,5 Prozent aller Zweitstimmen trug nurmehr 42 ihrer 45 Direktmandate. Zum Ausgleich ihrer drei Überhangmandate bedarf es 40 Ausgleichsmandate für die übrigen Parteien. Es mutet daher an, dass die Überhangmandate der CSU durch ihre geringe Zahl an bundesweiten Zweitstimmen einen besonders großen Hebel entfalten. Die drei CSU Überhangmandate dominieren dennoch nicht beim kleinen Ausgleich. Denn zum kleinen Ausgleich der 21 CDU Überhangmandate fallen 47 Ausgleichsmandate für die übrigen Parteien an. Das CSU Ergebnis ist also bereits bei 641 Sitzen vom Proporz getragen, die CDU Unterverteilung erst bei 666 Sitzen. Auch bei der direktmandatsorientierten Proporzanpassung dominiert das CDU Ergebnis, welches dort bei 653 Sitzen vom Proporz getragen ist. Ebenso wäre bei Ausgleichsmandaten für die Sitzminimierung nach Fehndrich das CDU Ergebnis erst bei 650 Sitzen vom Proporz getragen, die gleiche Sitzzahl ergibt sich beim Parteiproporz nach getrennten Landeslisten.

Was folgt daraus? Ein deutlicher Verlust an Zweitstimmen könnte der CSU zusätzliche Überhangmandate verschaffen, die dann bei vielen der Verfahren die Bundestagsgröße dominieren könnten. Die politische Wirklichkeit liefert aber kein Indiz, dass hiermit zu rechnen ist. Ein deutliches Absinken der CSU in der Wählergunst hätte vermutlich auch zur Folge, dass sie nicht mehr alle Wahlkreise gewinnen würde. Auch war bislang das Verhältnis Direktmandate zu Zweitstimmen bei der CSU eher besser als bei CDU und SPD, Indizien um anzunehmen, dies werde sich künftig ändern, gibt es nicht. Der "CSU-Hebel" ist daher bislang ein nicht an der Wirklichkeit der Bundestagswahlen orientiertes Gedankenkonstrukt, das ohne neue Erkenntnisse der nächsten Bundestagswahl(en) keiner besonderer Beachtung bedarf.