Parteiproporz nach getrennten Landeslisten

Alternative 3: Reparatur des Bundestagswahlrechts durch Anwendung des Augsburger Verfahrens auf getrennte Landeslisten und nachfolgende Anpassung der Bundestagsgröße an den Parteienproporz

Lösungsmöglichkeit zur Reparatur der drei am Bundeswahlgesetz in der von 03.12.2011 bis 25.07.2012 geltenden Fassung kritisierten Punkte:

  1. Getrennte Landeslisten konkurrieren unter dem Augsburger Verfahren um 598 Sitze, die Verteilung entspricht der, die sich einstellt, wenn alle (getrennten Landeslisten) gerade so viele Zweitstimmen zusätzlich erhalten, dass bei Verteilung nach Sainte-Laguë aller Überhang verschwindet. Negative Stimmgewichte sind in diesem Schritt ausgeschlossen. Im Gegensatz zum BWahlG2011 kommt nur zuteilungsberechtigten Stimmen ein Gewicht zu.
  2. Die Bundestagsgröße wird in einem Anpassungsschritt angehoben, bis sich bei Verteilung nach Sainte-Laguë Proporz zwischen den Parteien einstellt. Da die Landeslisten gleicher Partei hierbei nicht getrennt sind, begegnen die Landeslisten in kleinen Ländern keiner erhöhten natürlichen Sperrklausel. Absolutes negatives Stimmgewicht ist in diesem Schritt möglich, relatives negatives Stimmgewicht jedoch bis auf Rundungsrauschen ausgeschlossen.
  3. Die Anpassung der Bundestagsgröße an den Parteiproporz garantiert bundesweite Erfolgswertgleichheit der Zweitstimmen.

Auszug der zu ändernden Paragraphen:

§ 6 Oberzuteilung an die Parteien auf Bundesebene

(1) [Zuteilungsberechtigung] 1Für die Verteilung der nach den Landeslisten der Parteien zu besetzenden Sitze werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder in mindestens drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben. 2Satz 1 findet auf Parteien nationaler Minderheiten keine Anwendung. 3Nicht berücksichtigt werden die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben, der nicht von einer nach Satz 1 zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen ist.
(2) [Erstzuteilung] 1Von der Gesamtsitzzahl (§ 1 Abs. 1) wird die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen, die nicht von einer nach Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen sind; die verbleibenden Sitze werden wie folgt an die Landeslisten vergeben. 2Für jede Landesliste wird die Summe ihrer Zweitstimmen durch einen Zuteilungsdivisor (Erstzuteilungsdivisor) geteilt. 3Das gemäß § 7 Abs. 3 zur nächstliegenden ganzen Zahl gerundete Teilungsergebnis oder, falls größer, die Zahl der von ihren Bewerbern in den Wahlkreisen errungenen Sitze, ist die Mindestsitzzahl der Landesliste.4Der Zuteilungsdivisor ist gemäß § 7 Abs. 4 so zu bestimmen, dass alle zu vergebenden Sitze zugeteilt werden.5Die Mindestsitzzahl einer Partei ergibt sich als die Summe der Mindestsitzzahlen ihrer Landeslisten.
(3) [Oberzuteilung] 1Für jede Partei wird die Summe ihrer Zweitstimmen durch einen Zuteilungsdivisor (Bundesdivisor) geteilt. 2Das zur nächstliegenden ganzen Zahl gerundete Teilungsergebnis ist die Sitzzahl der Partei. 3Zahlenbruchteile, die gleich 0,5 sind, werden aufgerundet. 4Der Zuteilungsdivisor wird wie folgt bestimmt; für jede Partei wird die Summe ihrer Zweitstimmen durch ihre, um Einhalb verringerte, Mindestsitzzahl geteilt, die kleinste dieser Zahlen ergibt den Zuteilungsdivisor.
(4) [Mehrheitsklausel] 1Erhält eine Partei, auf die mehr als die Hälfte der zu berücksichtigenden Zweitstimmen entfallen ist, nicht mehr als die Hälfte aller Sitze, werden für sie so viele weitere Sitze geschaffen, bis sie über eine absolute Sitzmehrheit verfügt. 2Eine erneute Berechnung nach Abs. 3 findet nicht statt.

§ 7 Unterzuteilungen an die Landeslisten der Parteien

(1) [Unterzuteilung] 1Die nach § 6 einer Partei zustehenden Sitze werden ihren Landeslisten zugeteilt unter der Maßgabe, dass die Sitzzahl einer Landesliste nicht kleiner ist als die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze. 2Für jede Landesliste wird die Summe ihrer Zweitstimmen durch einen Zuteilungsdivisor (Parteidivisor) geteilt. 3Das gemäß Abs. 3 zur nächstliegenden ganzen Zahl gerundete Teilungsergebnis oder, falls größer, die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze ist die Sitzzahl der Landesliste. 4Der Zuteilungsdivisor ist gemäß Abs. 4 so zu bestimmen, dass alle der Partei zustehenden Sitze zugeteilt werden.
(2) [Mandatierung] 1Von der für jede Landesliste so ermittelten Abgeordnetenzahl wird die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze abgerechnet. 2Die restlichen Sitze werden aus der Landesliste in der dort festgelegten Reihenfolge besetzt. 3Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. 4Entfallen auf eine Landesliste mehr Sitze als Bewerber benannt sind, so bleiben diese Sitze unbesetzt.
(3) [Standardrundung] 1Die Teilungsergebnisse in Abs. 1 und § 6 Abs. 2 werden wie folgt gerundet. 2Zahlenbruchteile unter 0,5 werden auf die darunter liegende ganze Zahl abgerundet, solche über 0,5 werden auf die darüber liegende ganze Zahl aufgerundet. 3Zahlenbruchteile, die gleich 0,5 sind, werden so aufgerundet oder abgerundet, dass die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze eingehalten wird; ergeben sich dabei mehrere mögliche Sitzzuteilungen, so entscheidet das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los.
(4) [Divisorbestimmung] 1Der jeweilige Zuteilungsdivisor in Abs. 1 oder § 6 Abs. 2 wird wie folgt bestimmt. 2Zunächst wird die Gesamtzahl der jeweiligen Zweitstimmen durch die Gesamtzahl der jeweils zu vergebenden Sitze geteilt. 3Werden danach mehr Sitze zugeteilt als zu vergeben sind, ist der Zuteilungsdivisor so heraufzusetzen, bis die Zahl der zu vergebenden Sitze erreicht ist; werden zu wenig zugeteilt, ist er entsprechend herunterzusetzen.

Folgeänderungen:
In § 3 Abs. 1 Nr. 2 ist "Satz 2 bis 7" durch "Satz 2 bis 4" zu ersetzen.
In § 46 Abs. 2 ist "§ 6 Abs. 4 Satz 3" durch "§ 7 Abs. 2 Satz 3" zu ersetzen.
In § 48 Abs. 1 entfällt Satz 2.

An die Stelle der Unterzuteilung nach § 7 Abs. 1 könnte auch eine Mandatierung der nach § 6 Abs. 3 über die Regelgröße von 598 Mandaten hinzutretenden Sitze aus Bundeslisten der Parteien treten. Außerdem sind Abwandlungen der Anfangszuteilung und des Ausgleichsschrittes möglich.

Sitzverteilungen auf Grundlage der Stimmenverhältnisse der Bundestagswahlen 1990 bis 2009

Sitze gemäß Parteiproporz nach getrennten Landeslisten
SPD CDU Grüne FDP Linke CSU Summe
Bundestagswahl 1990 243 267 9 80 18 52 669
Bundestagswahl 1994 256 241 51 49 31 51 679
Bundestagswahl 1998 293 203 48 45 36 48 673
Bundestagswahl 2002 250 191 56 48 2 58 605
Bundestagswahl 2005 215 175 51 62 55 46 604
Bundestagswahl 2009 159 189 74 101 82 45 650