Proporzanpassung an feste Sitzpreise

Alternative 2a: Reparatur des Bundestagswahlrechts durch Rückkehr zu Ober- und Unterverteilung mit bundesweitem Saldieren der Direktmandate und Anpassung der Bundestagsgröße an Mindestsitzzahlen, berechnet aus Direktmandaten und Sitzen nach festem Zweitstimmenpreis.

Lösungsmöglichkeit zur Reparatur der drei am Bundeswahlgesetz in der von 03.12.2011 bis 25.07.2012 geltenden Fassung kritisierten Punkte:

  1. Rückkehr zu Ober- und Unterverteilung mit bundesweitem Saldieren der Direktmandate. Jede Landesliste bekommt pro Direktmandat 80.000 Stimmen gutgeschrieben, ist diese Stimmenzahl besser als die Zweitstimmenzahl der Landesliste, so ersetzt sie die Zweitstimmen der Landesliste. Anschließend wird allen Parteien für den Festpreis 75.000 Zweitstimmen jeweils ein Mindestsitz gutgeschrieben. Parteien mit nur einer Landesliste erhalten die Zahl ihrer Direktmandate als Mindestsitzzahl. Durch den Bonus von 6,7% (80.000/75.000) der sich pro Direktmandat ergibt, wird das bundesweite Saldieren der Direktmandate gemildert. Die Berechnung der Mindestsitzzahlen ist frei von negativen Gewichten der Zweitstimmen.
  2. Die Bundestagsgröße wird in einem Anpassungsschritt angehoben, bis sich bei Verteilung nach Sainte-Laguë Proporz zwischen den Parteien einstellt. Da die Landeslisten gleicher Partei hierbei nicht getrennt sind, begegnen die Landeslisten in kleinen Ländern keiner erhöhten natürlichen Sperrklausel.
  3. Die Anpassung der Bundestagsgröße an den Parteiproporz garantiert bundesweite Erfolgswertgleichheit der Zweitstimmen.

Auszug der hierbei zu ändernden Paragraphen, Änderungen in kursiver Schrift:

§ 6 Oberzuteilung an die Parteien auf Bundesebene

(1) [Zuteilungsberechtigung] 1Für die Verteilung der nach den Landeslisten der Parteien zu besetzenden Sitze werden nur Parteien berücksichtigt, die mindestens 5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten oder in mindestens drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben. 2Satz 1 findet auf Parteien nationaler Minderheiten keine Anwendung. 3Nicht berücksichtigt werden die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben, der nicht von einer nach Satz 1 zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen ist.
(2) [Mindestsitze] 1Für jede Landesliste wird die Zahl ihrer vorgeschlagenen und erfolgreichen Wahlkreisbewerber mit 80.000 multipliziert. Das Ergebnis oder, falls größer, ihre Zweitstimmenzahl, ist die Maßzahl der Landesliste. 2Für jede Partei werden die Maßzahlen ihrer Landeslisten summiert und durch 75.000 geteilt. 3Das zur nächstliegenden ganzen Zahl gerundete Ergebnis ist die Mindestsitzzahl der Partei. 4Zahlenbruchteile, die gleich 0,5 sind, werden aufgerundet. 4Abweichend davon ist die Mindestsitzzahl einer Partei mit nur einer Landesliste gleich der Zahl ihrer Direktmandate.
(3) [Oberzuteilung] 1Von der Gesamtsitzzahl (§ 1 Abs. 1) wird die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen, die nicht von einer nach Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigenden Partei vorgeschlagen sind; die verbleibenden Sitze werden wie folgt an die Parteien vergeben. 2Für jede Partei wird die Summe ihrer Zweitstimmen durch einen Zuteilungsdivisor (Bundesdivisor) geteilt. 3Das gemäß § 7 Abs. 3 zur nächstliegenden ganzen Zahl gerundete Teilungsergebnis ist die Sitzzahl der Partei. 4Der Zuteilungsdivisor ist gemäß § 7 Abs. 4 so zu bestimmen, dass alle zu vergebenden Sitze zugeteilt werden. 5Erhält eine Partei weniger Sitze, als ihre Mindestsitzzahl vorgibt, wird die Zahl der gemäß Satz 1 zu vergebenden Sitze erhöht, bis bei erneuter Berechnung nach den Sätzen 2 bis 4 jede Partei ihre Mindestsitzzahl erreicht oder übertrifft.
(4) [Mehrheitsklausel] 1Erhält eine Partei, auf die mehr als die Hälfte der zu berücksichtigenden Zweitstimmen entfallen ist, nicht mehr als die Hälfte aller Sitze, werden für sie so viele weitere Sitze geschaffen, bis sie über eine absolute Sitzmehrheit verfügt. 2Eine erneute Berechnung nach Abs. 3 findet nicht statt.

§ 7 Unterzuteilungen an die Landeslisten der Parteien

(1) [Unterzuteilung] 1Die nach § 6 einer Partei zustehenden Sitze werden ihren Landeslisten zugeteilt unter der Maßgabe, dass die Sitzzahl einer Landesliste nicht kleiner ist als die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze. 2Für jede Landesliste wird die Summe ihrer Zweitstimmen durch einen Zuteilungsdivisor (Parteidivisor) geteilt. 3Das gemäß Abs. 3 zur nächstliegenden ganzen Zahl gerundete Teilungsergebnis oder, falls größer, die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze ist die Sitzzahl der Landesliste. 4Der Zuteilungsdivisor ist gemäß Abs. 4 so zu bestimmen, dass alle der Partei zustehenden Sitze zugeteilt werden.
(2) [Mandatierung] 1Von der für jede Landesliste so ermittelten Abgeordnetenzahl wird die Zahl der von der Partei in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze abgerechnet. 2Die restlichen Sitze werden aus der Landesliste in der dort festgelegten Reihenfolge besetzt. 3Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. 4Entfallen auf eine Landesliste mehr Sitze als Bewerber benannt sind, so bleiben diese Sitze unbesetzt.
(3) [Standardrundung] 1Die Teilungsergebnisse in Abs. 1 und § 6 Abs. 3 werden wie folgt gerundet. 2Zahlenbruchteile unter 0,5 werden auf die darunter liegende ganze Zahl abgerundet, solche über 0,5 werden auf die darüber liegende ganze Zahl aufgerundet. 3Zahlenbruchteile, die gleich 0,5 sind, werden so aufgerundet oder abgerundet, dass die Gesamtzahl der zu vergebenden Sitze eingehalten wird; ergeben sich dabei mehrere mögliche Sitzzuteilungen, so entscheidet das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los.
(4) [Divisorbestimmung] 1Der jeweilige Zuteilungsdivisor in Abs. 1 oder § 6 Abs. 3 wird wie folgt bestimmt. 2Zunächst wird die Gesamtzahl der jeweiligen Zweitstimmen durch die Gesamtzahl der jeweils zu vergebenden Sitze geteilt. 3Werden danach mehr Sitze zugeteilt als zu vergeben sind, ist der Zuteilungsdivisor so heraufzusetzen, bis die Zahl der zu vergebenden Sitze erreicht ist; werden zu wenig zugeteilt, ist er entsprechend herunterzusetzen.

Folgeänderungen:
In § 3 Abs. 1 Nr. 2 ist "Abs. 2 Satz 2 bis 7" durch "Abs. 3 Satz 2 bis 4" zu ersetzen.
In § 46 Abs. 2 ist "§ 6 Abs. 4 Satz 3" durch "§ 7 Abs. 2 Satz 3" zu ersetzen.
In § 48 Abs. 1 entfällt Satz 2.

Anmerkungen

Die Mindestsitzzahlen stellen sicher, dass den Parteien mit mehreren Landeslisten neben ihren bundesweiten Direktmandaten auch eine Mindestzahl an Listenmandaten zukommt. Daher hält sich die Verzerrung parteiinternen Proporzes im Rahmen des bisher Akzeptierten.

Sitzverteilungen auf Grundlage der Stimmenverhältnisse der Bundestagswahlen 1990 bis 2009

Sitze gemäß direktmandatsorientierter Proporzanpassung
SPD CDU Grüne FDP Linke CSU Summe
Bundestagswahl 2005 227 184 58 65 54 49 637
Bundestagswahl 2009 163 194 76 103 84 46 666